Da immer mal wieder die Diskussion über HDR oder Tonemapping (auch Pseudo-HDR genannt) aufkommt möchte ich mal kurz etwas detaillierter darauf eingehen.
Beides ist irgendwie relativ ähnlich und doch sehr verschieden.

Aber was ist das jetzt?
Zum Thema HDR und deren Erstellung habe ich bereits hier (klick) geschrieben. Hier wird der Dynamikumfang bereits fotografisch vergrößert indem man eine Belichtungsreihe fotografiert und diese dann zusammenrechnen lässt. Hierbei hat man sehr gut die Möglichkeit auch darauf einzuwirken.

Tonemapping hingegen ist durch bestimmte Algorythmen in der Bearbeitung herbeigefürte Dynamikkompression und beinhaltet auch das Zusammenrechnen von HDRs. Am häufigsten wird diese aber künstlich erreicht durch starkes Anheben der Tiefen, starkes absenken der Lichter und dem Ausgleich durch das Anheben des Kontrasts.

Hä? Was? Tonemapping ist also keine eigene Technik, sondern nur der Begriff für die softwaregestützte Dynamikkompression. Das heißt der Dynamikumfang wird durch die Software intensiver/effizienter genutzt indem mehr Informationen ins Bild eingearbeitet werden. Man muss also unterscheiden zwischen dem Tonemapping und dem Tonemapping…

Verwirrend, oder? Ja, denn das Tonemapping (also die Dynamiksteigerung durch Software) am Einzelbild wird oft im allgemeinen als Tonemapping bezeichnet um es von HDRs zu separieren.
Wenn ihr also sowas lest wie „Weniger Tonemapping wär gut…“ oder „Probiers mal mit etwas Tonemapping zu korrigieren…“ ist eigentlich fast immer das Tonemapping am Einzelbild gemeint.

Was sind denn jetzt die Probleme?
Bei HDRs an sich scheitert es oft an der Grundvoraussetzung, nämlich dem fotografieren einer fast deckungsgleichen Bildreihe. Aus diesem Grund wird dann als Notlösung sehr oft auf das Tonemapping am Einzelbild zugegriffen, sei es durch Zusatzsoftware, Presets oder dem eigenen Anpassen.

Aber warum ist jetzt was schlecht?
Gut und Schlecht ist natürlich Ermessenssache, trotzdem hat sich vieles in der Fotografie bewährt, das man aus ästetischen Gründen beachten sollte.

Was passiert wenn man HDRs und Einzelbild-Tonemapping falsch anwendet?
Bei der Anwendung von HDRs erhöht sich der Dynamikumfang nicht nur in der Helligkeit, sondern auch in den Farben. Bei Langzeitbelichtungen in dunklen Situationen fällt dies oft nicht sehr ins Gewicht, allerdings bei Tagaufnahmen schon, denn da sind auch mehr Farben vorhanden.
Es werden also, falsch angewendet, die Farben sehr extrem und das Bild quietschbunt und unnatürlich. Gleiches passiert auch beim Tonemapping, nur hat man hier zusätzlich noch stärker die Gefahr, dass sich Halos (Lichtsäume) um bestimmte Objekte herum bilden. Ganz extrem ist das, wenn man eine Dynamik nutzen möchte, die gar nicht vorhanden ist z.B: bei der Anwendung auf JPG Dateien.

Quelle: Wikipedia © Nevit Dilmen
Auf dem Beispielbild kann man deutlich die sogenannten Halos erkennen.

Zusätzlich werden aber auch alle feinen Kontraste erhöht und das Bild wird dadurch auch sehr unruhig und damit auch eher unnatürlich.

Wofür setze ich es dann eigentlich ein?
Der Einsatz von HDR im allgemeinen ist ja bereits hinreichend genug erklärt. Oftmals hat man aber nicht die Möglichkeit, Belichtungsreihen zu schießen und muss mit nur einem einzigen Bild zurechtkommen. Auch hat man oft das Problem, dass der Himmel bereits ausgebrannt und das Fotografierte Objekt zu dunkel ist.
Man hebt also die Tiefen an und nimmt die Lichter etwas runter.
Was passiert ist, dass eben das Hauptmotiv wieder besser erkennbar und der Himmel wieder strukturierter ist.
Richtig angewand ist das Tonemapping gar nicht erkennbar und ermöglicht die Nutzung eines enormen Dynamikumfangs von RAW-Bildern.

Welche Looks kann ich damit erzeugen?
Im allgemeinen werden bei stärkerer Anwendung sehr feine Strukturen wie z.B. in Wolken hervorgehoben. Man erhält dadurch eine extreme Dramatik in den Bildern, gerade unter zusätzlicher Verstärkung durch den Klarheitsregler.

Bei Lost Places werden z.B: die Strukturen in den Wänden hervorgehoben und der Verfall verstärkt. Auch einen „schmutzigen“ Look kann man dem ganzen auch verpassen.
In Kombination mit einer bestimmten Entsättigung, starken Körnung und Vignettierung kann man auch richtige Gruselfotos entstehen lassen.

Bevor ich euch ein paar Beispiele zeige möchte ich noch ein dickes VORSICHT näher erläutern…

Viele dieser Looks wirken zunächst atemberaubend und megageil und superpassend. ABER man sieht sich sehr schnell satt an diesem Look. Witzigerweise sieht sich das Umfeld schneller dran satt als man selbst. Deshalb empfehle ich euch dringendst diesen Look nicht allzuoft und doch eher dezent anzuwenden. Der große Hype ist dahingehend schon vorbei und es ist für viele nichts mehr sooo besonderes. Deshalb lieber gleich etwas dezenter und natürlicher eingesetzt, das bringt mehr als das Publikum in der Meinung zu spalten.

Und ganz WICHTIG:  NIEMALS AUF PERSONEN ANWENDEN !!!
Das geht in 99,9% der Fälle schief. Wenn ihr euch alles durchgelesen habt versteht ihr ja auch warum… Es werden alle Kontraste angehoben, das heißt alle Hautunreinheiten und Makel, sowie Sommersprossen, Leberflecken und andere Merkmale extrem verstärkt. Das will wirklich niemand und die wenigen Bilder bei denen es gut aussieht sind von extrem erfahrenen Leuten mit viel Retuschearbeit gemacht.
Zudem sieht es absolut unnatürlich aus, da unser Auge bereits auf die Betrachtung von Menschen auf Fotos geschult ist und gewisse Ansprüche/Erwartungen hat (hier knüpfen die Regeln zur Bildgestaltung dann an).

Was muss ich also als Anfänger beachten, wenn das Bild gut aussehen soll?

  • Immer mit RAW Dateien arbeiten, man kann nur Dynamik herausholen, wo noch welche vorhanden ist
  • Immer dezent anwenden
  • Niemals auf Personen anwenden

So, nun wie versprochen hier mal ein paar Beispiele für verschiedene Verwendungsmöglichkeiten.

Gruseliges Motiv – Gruseliger Effekt
unspektakuläres Motiv – gruseliger Effekt
Lost Place – schmutziger Look
Unspektakuläres Motiv – Gruseleffekt
tolles Motiv – eher dezentes Tonemapping

Ich hoffe euch hat dieser Artikel etwas weitergeholfen und Licht ins Dunkel gebracht.